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Einschläfern oder nicht?

 Auf dem breiten Mauersims am Bach gegenüber meines Häuschens  hockte ein Igel. Vor ihm haben eine Nachbarin und ich gestern Krisensitzung abgehalten. Denn der zu kleine Kerl sah auch sonst nicht gut aus. Anstelle des rechten Auges gab es nur einen Eiterpfropfen über einer geschwollenen Seite. Außerdem röchelte das Tierchen zum Gotterbarmen. Und auch aus der Nase lief eitriger Ausfluss. Da zudem schon bunt schillernde Schmeißfliegen die Verletzungen als Eiablageort anvisierten, konnte man ihn schwerlich dort  hocken lassen.   

Übernachtung in einer Hundefutterkiste

In einer Hundefutterkiste (danke Vet Concept für eure stabilen Pakete) konnte der Igel auf alten Handtüchern und Küchentüchern ganz gut übernachten. Ließ sich ungesalzene Hühnerbrühe und das Katzenfutter von Frau Nachbarin schmecken. Und lebte - wenn auch noch immer rasselnd röchelnd - am anderen Morgen noch. Doch leider wurde dann die Liste der "Baustellen" bei der Untersuchung durch die Tierärztin immer länger. Die fand neben einem verletzten Füßchen noch mehrere schon eitrige Stellen. Ihre Vermutung: wahrscheinlich von einem Hund gebissen.  Und dann muss man eben abwägen. Kann man den Kleinen in einem fliegensicheren Raum erst einmal stabilisieren und etwas gegen die Luftnot tun?  Oder wird es eine Quälerei?  Wie sind seine Chancen danach? Einäugig sind sie für Igel übrigens gar nicht sooo schlecht. 

Ich höre bei solchen Dingen -  nicht nur bei gefundenen Igeln - auch auf den Tierarzt meines Vertrauens. Nicht blindgläubig, sondern in Bezug auf eigene Erfahrungen und im  eigenen Wissen um das spezielle Tier. Einem 24-jährigen Pferd mute ich keine OP mit 20% Besserungschance mehr zu. Einem schwer angefahrenem älteren ADHS-Hund kein Leben mit gelähmtem Hinterteil. Und einem zu kleinen zu schwer verletzten Igelchen kein Leben in der Kiste mit nur 10% Chance nach einer OP.  So bin ich eben. Bei Tieren unter meiner Hut und in solchen Situationen stehe ich dazu,  ihr Entscheider über Leben oder Tod zu sein.  

Gehen lassen oder nicht: darüber diskutieren Tierfreunde oft mit ganz viel Herzeleid. Erlösen sagt man bei Tieren. Geh also träumend hinauf kleines Igelchen zu den vielen anderen Tieren. Ich hoffe, ich habe richtig entschieden. Es wäre schön, wenn auch wir Menschen nicht mehr leiden müssten, weil wir nicht selbst für uns entscheiden können.      


Kommentare

pirscherin hat gesagt…
Oh mein Gott, was für eine schreckliche Entscheidung;(

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